Verbraucherinsolvenzverfahren

Es handelt sich um ein vereinfachtes Insolvenzverfahren (§§ 304 -314 InsO) für natürliche Personen, dessen Ziel die Restschuldbefreiung des redlichen Schuldners ist (§§ 286 ff InsO), sofern dies beantragt wird (§ 305 Abs. 1 Nr. 2 InsO). Der Bezeichnung "natürliche Person" dient der Abgrenzung von juristischen Personen und Gesellschaften ohne Rechtspersönlichkeit, für die auf die Vorschriften des Regelinsolvenzverfahrens abzustellen ist.

Die Verbraucherinsolvenz wird umgangssprachlich auch als "Privatinsolvenz" bezeichnet, obwohl dieser Begriff im Gesetz nicht vorkommt.

Anwendungsbereich

Nach § 304 InsO ist zwingend das vereinfachte Verbraucherinsolvenzverfahren durchzuführen bei natürlichen Personen, die keine selbständige berufliche Tätigkeit ausüben oder ausgeübt haben, und bei natürliche Personen, die zwar eine selbständige berufliche Tätigkeit ausgeübt haben, deren Vermögensverhältnisse aber überschaubar sind (weniger als 20 Gläubiger), und bei denen keine Forderungen aus Arbeitsverhältnissen bestehen. Als Gläubiger dürfen dann weder das Finanzamt, das Arbeitsamt, Arbeitnehmer, Sozialversicherungsträger oder die Berufsgenossenschaften Forderungen haben.

Aufbau des Verfahrens

Das Verbraucherinsolvenzverfahren sieht ein vierstufiges Verfahren vor. Zunächst erfolgt der Versuch einer außergerichtlichen Schuldenbereinigung, dann gegebenenfalls eine gerichtliche Schuldenbereinigung, bevor das vereinfachten Insolvenzverfahren durchgeführt wird, dem sich die Wohlverhaltensperiode anschließt, bis das Verfahren gegebenenfalls mit der Restschuldbefreiung enden kann.

Die außergerichtliche Schuldenbereinigung

Der außergerichtliche Schuldenbereinigungsversuch bzw. Schuldenbereinigungsplan ist Voraussetzung für die Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Er darf nicht vom Verbraucher selbst durchgeführt werden, sondern muss von einer zur Schuldnerberatung geeigneten Person (Rechtsanwalt) oder Stelle (anerkannte Schuldnerberatung) durchgeführt und bescheinigt werden.

Durch die Schuldnerberatung werden Sie auch über die Anforderungen an den Antrag informiert, der dem Gericht vorzulegen ist. Es sind vorgegebene Formulare zu benutzen, die daher auch im außergerichtliche Schuldenbereinigungsverfahren verwendet werden. Die Schuldnerberatung unterbreitet den Gläubigern letztlich einen Einigungsvorschlag, der einen Verzicht auf einen erheblichen Teil der Forderungen vorsieht.

Wenn außergerichtlich keine Einigung mit den Gläubigern erzielt werden kann, bereitet die Schuldnerberatung den Antrag an das Gericht vor, der die folgenden Informationen beinhaltet:

  • eine Bescheinigung über das Scheitern des außergerichtlichen Verfahrens
  • einen Antrag auf Restschuldbefreiung
  • eine detaillierte Übersicht des Vermögens und des Einkommens
  • eine Auflistung aller Gläubiger und aller Forderungen
  • ein Schuldenbereinigungsplan
  • eine Abtretungserklärung für einen Treuhänder
  • eine Erklärung, dass alle Angaben vollständig und korrekt sind
  • evtl. ein Antrag auf Stundung der Kosten für das Verfahren

Die gerichtliche Schuldenbereinigung

Führt der außergerichtliche Schuldenbereinigungsversuch zu keinem Ergebnis, kann es bei den entsprechenden Erfolgsaussichten noch zum gerichtlichen Schuldenbereinigungsverfahren kommen. Dies entscheidet das Gericht. Das Insolvenzgericht legt dann den Gläubigern einen erneuten Schuldenbereinigungsplan vor.

Wird auch der gerichtliche Schuldenbereinigungsplan abgelehnt kommt es zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens, wenn sichergestellt ist, dass die Kosten des Verfahrens einschließlich der Vergütung des Treuhänders gedeckt sind.

Um auch mittellosen Personen die Chance auf die Restschuldbefreiung zu ermöglichen, wird bei natürlichen Personen auf Antrag eine Verfahrenskostenstundung gewährt (§§ 4 a ff. InsO).

Das vereinfachte Insolvenzverfahren

Das Verbraucherinsolvenzverfahren ist gegenüber dem Regelinsolvenzverfahren stark vereinfacht. Es ist an die üblichen Lebensumstände von Verbrauchern angepasst.

Mit dem Beschluss auf Eröffnung des Verfahrens bestellt das Insolvenzgericht einen Treuhänder (anstatt eines Insolvenzverwalters). Gleichzeitig wird über den Antrag auf Kostenstundung entschieden. Mit der Eröffnung des Verfahrens beginnt die Verfahrensfrist von 6 Jahren bis zur Entscheidung über die angestrebte Restschuldbefreiung zu laufen (§ 287 Abs. 2 InsO).

Der Treuhänder hat das Vermögen des Schuldners zu verwerten und den Erlös gleichmäßig unter den Gläubigern zu verteilen (§ 1 InsO). Er kann auf das pfändbare Vermögen und auf den pfändbaren Teil des während des Insolvenzverfahrens hinzukommenden Vermögens zugreifen (§§ 35, 36 InsO). Die von den Gläubigern angemeldeten Forderungen werden geprüft.

Bei natürlichen Personen endet das eigentliche Insolvenzverfahren mit dem Abschluss der Feststellung und Verwertung des Vermögens des Schuldners (Masse), der Prüfung der angemeldeten Forderungen der Gläubiger und der Bestätigung der Schlussrechnung des Treuhänders durch das Gericht.

Die Wohlverhaltensperiode

Nach dem Ende des eigentlichen Insolvenzverfahrens beginnt die Wohlverhaltensperiode oder Wohlverhaltensphase. Sie beginnt bereits ab dem Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens und dauert insgesamt sechs Jahre.

Erfüllt der redliche Schuldner während dieser Wohlverhaltensperiode seine gesetzlich auferlegten Pflichten, wird ihm mit dem Ablauf von sechs Jahren durch Beschluss des Gerichts die Restschuldbefreiung erteilt. Diese umfasst alle Schulden, ob bekannt oder unbekannt, die vor der Eröffnung des Verfahrens entstanden sind.

Alle Schulden, die nach der Eröffnung des Verfahrens entstehen sind Neuverbindlichkeiten, für die der Schuldner weiterhin haftet.

Der Schuldner hat während des Verfahrens Auskunfts- und Mitwirkungspflichten zu erfüllen (vgl. §§ 97, 98, 290, 295 InsO), bei deren Missachtung ihm die Restschuldbefreiung versagt werden kann. Das Gericht kann auch die Stundung der Verfahrenskosten aufheben, wenn der Schuldner nicht reagiert, womit er die Kosten innerhalb einer gesetzten Frist bezahlen muss, da andernfalls das Verfahren aufgehoben wird.

 

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